Mobilität
Angesichts der Tatsache, dass die EU-weit angestrebten 20 Prozent der Studierenden, die bis 2020 einen Auslandsaufenthalt absolvieren sollten (vgl. Leuven-Kommuniqué 2009), damals bereits erreicht waren, gaben die Wissenschaftsministerinnen und -minister von Bund und Ländern 2013 das Ziel aus, dass bis 2020 „jede zweite Hochschulabsolventin bzw. jeder zweite Hochschulabsolvent studienbezogene Auslandserfahrung gesammelt und mindestens jede/r dritte einen Auslandsaufenthalt von mindestens 3 Monaten und/oder 15 ECTS nachweisen kann.“ (Strategie der Wissenschaftsminister/innen von Bund und Ländern für die Internationalisierung von Hochschulen in Deutschland, 2013)
Auslandsaufenthalte bieten Gelegenheiten, andere Bildungssysteme kennenzulernen, Fremdsprachenkenntnisse zu verbessern und interkulturelle Kompetenzen zu entwickeln. Mobilität ist also kein Selbstzweck, sondern trägt zur Persönlichkeitsentwicklung von Studierenden bei und ermöglicht individuelle Bildungsbiografien. In einer globalisierten Arbeitswelt ist Auslandserfahrung zudem ein wichtiger Qualifikationsbestandteil (vgl. https://eu.daad.de/service/auswertung-und-statistik/studien-und-auswertungen-der-na-daad/daad-iw-studie-2019/de/78483-daad-iw-studie-2019/).
Derzeit hat etwa ein Drittel aller deutschen Studierenden im Verlauf des Studiums mindestens einen studienbezogenen Auslandsaufenthalt (Auslandssemester, Praktika, Sprachkurse, Studienreisen, Projektarbeiten und Sommerschulen) absolviert. Neben finanziellen Aspekten und der möglichen Trennung von Familie und Freunden sind vor allem Fragen der Anerkennung von Studien- und Prüfungsleistungen und dadurch bedingte mögliche Zeitverluste ausschlaggebend für die Entscheidung, ob ein Auslandsaufenthalt durchgeführt wird. Insbesondere die Frage der Anerkennung steht auch bei einem Fach- oder Hochschulwechsel innerhalb Deutschlands im Zentrum. Dies gilt in besonderer Weise beim Übergang vom Bachelor zum Master.
Anerkennung ist eine Voraussetzung für Mobilität
Eine wichtige Voraussetzung für die nationale und internationale Mobilität von Studierenden ist die möglichst umfassende Anerkennung von Studien- und Prüfungsleistungen im nationalen und internationalen Kontext. Bereits erworbene Kompetenzen werden somit nicht mehrfach geprüft und Studienzeiten nicht unnötig verlängert.
Aufbauend auf den Zielsetzungen der Bologna-Reform wurde 2020 im Rom-Kommuniqué der europäischen Bildungsminister an die Bedeutung der vollständigen Anerkennung von Abschlüssen und Studienzeiten erinnert und betont, dass insbesondere digitale Mittel zur weiteren Verbesserung eingesetzt werden sollen. In die gleiche Richtung gehen die hochschulpolitischen Ziele zur Schaffung eines Europäischen Bildungsraumes bis 2025, die in der „Empfehlung des Rates zur Förderung der automatischen gegenseitigen Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen sowie der Ergebnisse von Lernzeiten im Ausland“ präzisiert werden und der „Aktionsplan für digitale Bildung“, der die Öffnung der Bildungssysteme als wichtiges politisches Ziel benennt. Daraus wird deutlich, dass von den Hochschulen weiterhin erhebliche Anstrengungen im Bereich der Anerkennung erwartet werden.
Innerdeutsche Mobilität darf beim Thema Anerkennung jedoch nicht vergessen werden, stellt sie doch durch Fach- oder Hochschulwechsel von Studierenden einen großen Teil der Anerkennungsverfahren dar. Daher ist flexible Anerkennung auch innerhalb Deutschlands notwendig, auch vor dem Hintergrund einer wachsenden Zahl an Studienangeboten mit vielfältigen Bezeichnungen, Inhalten und Spezialisierungen.
Mobilitätsfördernde Strukturen
Die Gestaltung von Studienstrukturen hat sich als ein wirksames Handlungsfeld zur Erhöhung der Mobilität von Studierenden herauskristallisiert. Mithilfe diverser studienstruktureller Instrumente wie Mobilitätsfenstern, Wahlpflichtmodulen oder Containermodulen werden im Studiengang curriculare Freiräume für ein Auslandssemester geschaffen. In Studiengänge integrierte internationale Lernerfahrungen können darüber hinaus Anreize für Studierende liefern, sich für einen Auslandsaufenthalt zu entscheiden. (siehe auch Studiengangsgestaltung)
Nicht nur die Gestaltung von Studiengängen dient der Mobilität von Studierenden, auch internationale und nationale Kooperationen von Hochschulen, ob in Gestalt von Verbünden oder Netzwerken, sowie institutionalisierte Austauschprogramme leisten einen wichtigen Beitrag dazu. Zur Förderung der internationalen Mobilität existieren daher neben Hochschulkooperationsvereinbarungen und Doppelabschlussprogrammen diverse Austauschförderprogramme wie beispielsweise das ERASMUS+-Programm der Europäischen Union.
Aktivitäten des Projekts MODUS
Das Projekt MODUS soll die Anerkennungspraxis an Hochschulen weiter verbessern, um Mobilität zu fördern. Dies beinhaltet die Anerkennung von Leistungen und Qualifikationen aus dem In- und Ausland. Zur Erreichung dieses Ziels wird das Projekt Standards für Anerkennungsverfahren entwickeln, die Nutzung und Weiterentwicklung digitaler Möglichkeiten unterstützen und den Hochschulen Services für Information und Beratung anbieten.
Die Standardbildung wird über die Identifikation und Förderung guter Praxis erfolgen, indem Kernziele definiert, Vorreiter eingebunden, die Funktionsweise guter Praxis untersucht und Elemente der Übertragbarkeit herausgestellt werden. Hierbei sollen auch nationale und europäische bzw. internationale Initiativen zur Förderung von Mobilität sichtbarer gemacht und die Verwertung der Ergebnisse in den Hochschulen befördert werden.
Literatur
- DAAD: Anerkennung (k)ein Problem?
- DAAD (2020): Die Bedeutung von Auslandserfahrung für den Karriereerfolg von Hochschulabsolventen auf dem deutschen Arbeitsmarkt.
- DAAD (2020): Wissenschaft weltoffen 2020. Daten und Fakten zur Internationalität von Studium und Forschung in Deutschland und weltweit.
- DZHW (2013): 20. Sozialerhebung.
- EU-Bildungsminister (2009): Leuven-Kommuniqué.
- Ferencz, Irina; Hauschildt, Kristina; Garam, Irma (Hg.) (2013): Mobility Windows. From Concept to Practice.
- GWK: Beschluss der 18. Sitzung der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz am 12. April 2013 („Strategie der Wissenschaftsminister/innen von Bund und Ländern für die Internationalisierung der Hochschule in Deutschland“).
- Zimmermann, Julia; Neyer, Franz J. (2013): Do we become a different person when hitting the road? Personality development of sojourners. Journal of Personality and Social Psychology, Vol 105(3), Sep 2013, S. 515-530
Definition
Mobilität von Studierenden findet in verschiedenen Formen statt: Zum einen als temporärer Studien- oder Praktikumsaufenthalt (credit mobility) oder als ein vollständiges Studium (degree mobility) im Ausland. Zum anderen sollen Studierende auch innerhalb Deutschlands den Studienort wechseln können. Deshalb bildet die innerdeutsche Mobilität eine weitere, wichtige Komponente. Daneben finden sich verschiedene Formen von Kurzzeitaufenthalten (vor allem im Ausland), zum Beispiel Summer Schools, Exkursionen oder Sprachkurse. Virtuelle Mobilität komplettiert das Feld an Möglichkeiten für Studierende, Erfahrungen in anderen Lernumgebungen zu sammeln.