Nutzen und Voraussetzungen der Digitalisierung von Anerkennungs- und Anrechnungsverfahren

Die Digitalisierung bietet auch im Bereich Anerkennung und Anrechnung die Möglichkeit, Verwaltungsprozesse nachhaltig und ressourcenschonend zu optimieren. Dabei können die Abläufe sowohl für Studierende und Lehrende als auch für die beteiligten Mitarbeitenden in den Verwaltungseinheiten (bspw. Prüfungsämtern) vereinfacht und transparenter gestaltet werden. Zusätzliche Vorteile einer durchgängigen und nutzer:innenzentrierten Verfahrensdigitalisierung können neben der Aufwandsreduktion für alle Beteiligten in der Gewährleistung rechtskonformer Prozesse und der Steigerung der Serviceorientierung liegen.

Während inhaltliche Entscheidungen über Anerkennungen und Anrechnungen weiterhin von fachlich qualifizierten Personen getroffen werden müssen, können

  • digitale Workflows,
  • Datenbanken,
  • digitale Zeugnisse sowie
  • die elektronische Übermittlung von Studierendendaten

wichtige Hilfsmittel darstellen, um das gesamte Verwaltungsverfahren digital abzuwickeln oder zumindest Prozessschritte digital zu unterstützen. Diese reichen vom Antragseingang über die formale Prüfung bis hin zur Bescheiderstellung und Verbuchung der Leistungspunkte sowie der Noteneingabe und Dokumentation von Entscheidungen.

Die Digitalisierung von Anerkennungs- und Anrechnungsverfahren erfolgt im Kontext  konkreter rechtlicher und technischer Anforderungen. Auf nationaler Ebene sind die Hochschulen durch das Onlinezugangsgesetz (OZG) gefordert, die Digitalisierung von Anerkennungs- und Anrechnungsverfahren voranzutreiben und dabei Aspekte wie Nutzer:innenzentrierung und Once-Only-Prinzip zu berücksichtigen (vgl. Ruschmeier et al. 2020, S. 15 f.).

Für An­er­ken­nungs­ver­fahr­en im Zusammenhang einer Erasmus-Auslandsmobilität stellt das von der Europäischen Kommission im Rahmen der European Student Card Initiative (ESCI) entwickelte Projekt Erasmus Without Paper (EWP) Lösungen und technische Standards für die Administration der für eine Erasmus-Auslandsmobilität erforderlichen Daten und Dokumente zur Verfügung. Diese beziehen sich beispielsweise auf den Austausch von Learning Agreements und Transcripts of Records. Die an der Erasmus+ Programmgeneration 2021-27 teilnehmenden Hochschulen müssen in Etappenschritten die notwendigen Voraussetzungen schaffen, um den Datenaustausch mit Partnerhochschulen zukünftig über das EWP-Netzwerk zu ermöglichen (vgl. DAAD 2022).

Beide Zusammenhänge haben, ebenso wie die Initiative der Europäischen Hochschulallianzen, als Treiber für eine übergreifende und koordinierte Digitalisierungsentwicklung gewirkt. Bei der Digitalisierung von Anerkennungs- und Anrechnungsprozessen ist ein abgestimmtes und nachhaltiges Vorgehen zentral. Denn um die Vernetzung und den Datentransfer zwischen den Hochschulen auf nationaler und internationaler Ebene langfristig zu gewährleisten, ist die Nutzung gemeinsamer Standards und die Schaffung von Schnittstellen zwischen IT-Systemen und -Anwendungen eine notwendige Voraussetzung.

Herausforderungen der Verfahrensdigitalisierung

Bei der Digitalisierung der Verfahren stehen die Hochschulen vor Herausforderungen, die sowohl die rechtlichen Rahmenbedingungen als auch die Organisation der hochschulinternen Verwaltungsprozesse betreffen:

  • Nicht ausreichende Abstimmung gesetzlicher Rahmenbedingungen auf Bundes- und Länderebene
  • Durch Digitalisierung entstehende administrative Doppelstrukturen
  • Beteiligung aller Akteur:innen aus der wissenschaftlichen Selbstverwaltung, den zentralen Verwaltungseinheiten und der IT
  • Hoher Initialaufwand, der durch die Umgestaltung bestehender Prozesse und Routinen entsteht

Umsetzungsstrategien

Folgende Ansätze und Strategien können Hochschulen dabei Hilfestellung leisten, die mit der Gestaltung und Umsetzung der Digitalisierung von Anerkennungs- und Anrechnungsverfahren verbundenen Herausforderungen zu bewältigen:

  • Ganzheitliches Verständnis der Digitalisierung entwickeln → gesamten Prozess losgelöst von den bisherigen internen Zuständigkeiten in den Blick nehmen
  • Inkrementelles Vorgehen in der Umsetzung → schrittweise Digitalisierung von Anerkennungs- und Anrechnungsverfahren, die sich an den Reifegraden des OZG orientiert und Phasen der Erprobung, Evaluation und Nachbesserung einplant (siehe hierzu die „Umsetzungsszenarien“ aus HRK 2022)
  • Teilhabe und Mitwirkung aller Akteur:innen → hochschulweite Koordinierung, die Leitungen, Fachbereiche und Fakultäten sowie Verwaltungen einbezieht
  • Vernetzung in Verbünden und hochschulübergreifende Kooperationen → Vermeidung von Einzellösungen, stattdessen kooperative Entwicklung und Nutzung
  • Bereits zur Verfügung stehende rechtliche Spielräume identifizieren und nutzen → Digital-Checks nutzen, um rechtliche und hochschulinterne Vorgaben auf die Aspekte Nutzer:innenzentrierung, Datenschutz, IT-Sicherheit etc. zu überprüfen

In der von MODUS in Auftrag gegebenen Studie „Erhebung und Kartierung relevanter Projekte und Initiativen zur Digitalisierung von Anerkennungs- und Anrechnungsprozessen an Hochschulen“ (2022) des HIS-Instituts für Hochschulentwicklung wird der aktuelle Stand von hochschulübergreifenden europäischen und nationalen Projekten sowie von Infrastrukturen und Lösungen auf Landes- oder Hochschulebene im Hinblick auf ihre Anschlussfähigkeit und Übertragbarkeit untersucht. Zu den Ergebnissen der Studie zählt u. a. die Darstellung des Workflow eines digitalen Anerkennungs- und Anrechnungsprozesses, der die administrativen Verfahrensschritte (von der Bereitstellung von Informationen bis zur Verbuchung von Noten) entlang von vier bis sechs Digitalisierungskomponenten (u. a. Datenbanken, digitaler Datentransfer, Nutzer:innenportale) darstellt, die die Organisation und Abwicklung in den Hochschulen unterstützen können.

Hierauf aufbauend hat die Zukunftswerkstatt Digitalisierung, eine von MODUS im Dezember 2021 initiierte Expert:innengruppe für Digitalisierung und Hochschulentwicklung, Hilfestellungen für die Planung und Umsetzung der Verfahrensdigitalisierung an den Hochschulen erarbeitet. Die daraus hervorgegangene Publikation „Grundlagen und Empfehlungen zur Digitalisierung von Anerkennungs- und Anrechnungsprozessen“ bereitet Hintergrundinformationen auf und veranschaulicht kurz-, mittel- und langfristige Perspektiven der Digitalisierung anhand von Umsetzungsszenarien, die sich an den Reifegraden des OZG orientieren. Des Weiteren zeigt die Publikation Bestandteile eines Digital-Checks auf, der dazu genutzt werden kann, Anerkennungs- und Anrechnungsprozesse auf die Aspekte Nutzer:innenzentrierung, Medienbruchfreiheit, Datenschutz, IT-Sicherheit sowie rechtliche Vorgaben (bspw. verwaltungsrechtliche Aspekte) zu prüfen. Darüber hinaus werden Kern- und prozessübergreifende Infrastrukturen sowie technische Komponenten identifiziert und in Bezug gesetzt, die zur digitalen Unterstützung der inhaltlichen Prüfung bei Anerkennungs- und Anrechnungsverfahren genutzt werden können.

Literatur

Bologna-Minister:innen-Konferenz (2020): Kommuniqué der Bologna-Minister:innen-Konferenz. Rom. (letzter Aufruf am 22.08.2023)

DAAD (2022): Sachstand: Digitalisierung des Erasmus+ Programms. (letzter Aufruf am 22.08.2023)

HIS-HE (2022): Erhebung und Kartierung einschlägiger Projekte und Initiativen zur Digitalisierung von Anerkennungs- und Anrechnungsprozessen an Hochschulen. (letzter Aufruf am 22.08.2023)

HRK (2022): Grundlagen und Empfehlungen zur Digitalisierung von Anerkennungs- und Anrechnungsprozessen. Ergebnisse aus der Zukunftswerkstatt Digitalisierung. (letzter Aufruf am 22.08.2023)

Ruschmeier, René; Gilch, Harald, Lessig, Marina; Stratmann, Friedrich; Wannemacher, Klaus (2020): Herausforderungen bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes im Kontext der Digitalen Hochschulbildung. (letzter Aufruf am 22.08.2023)

Wissenschaftsrat (WR) (2022): Empfehlungen zur Digitalisierung in Lehre und Studium. Köln. (letzter Aufruf am 22.08.2023)

Zum Seitenanfang