Akzeptanz und Einsatz von Datenbanken zur Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen

12. Juni 2023

Unsere Wirtschaft wie auch unsere Gesellschaft stehen aktuell und zukünftig vor drängenden und anspruchsvollen Transformationsprozessen. Dabei kann unser anhaltend hoher Bedarf an gut qualifizierten Fachkräften nicht allein über den Nachwuchs gesichert werden, schon gar nicht bei rasant beschleunigten Wissenszuwachsraten, zunehmend disruptiven Innovationsschüben und bestenfalls stagnierenden Bevölkerungszahlen. Die kontinuierliche berufsbegleitende Weiterqualifizierung der berufstätigen Menschen auf akademischem bzw. wissenschaftlichem Niveau spielt heute schon eine große Rolle bei der zukunftsgerichteten Sicherung unserer zentralsten Ressource, unseres zentralsten Standortfaktors: der Arbeitskraft.

Vor diesem Hintergrund gewinnt die praktische Relevanz der lebensbegleitenden wissenschaftlichen Weiterbildung, der Verbesserung einer qualitätsgesichert systemübergreifend durchlässigen Bildungsinfrastruktur sowie der systemübergreifenden Anrechnung gleichwertiger Kompetenzen, auch gegenseitige Anrechnung genannt, täglich an Bedeutung.

Die Akteure und Akteurinnen stehen hierbei vor unterschiedlichen Fragestellungen. Politik und Verwaltungen müssen sich etwa fragen, ob sie tatsächlich die geeigneten Rahmenbedingungen für die wirtschaftspolitisch, gesellschaftlich und bildungspolitisch erforderliche wissenschaftliche Weiterbildung in den Ländern, im Bund und in Europa geschaffen haben.

Privatwirtschaftliche und öffentliche Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen müssen sich fragen lassen, ob sie neben der Realisierung der lebensbegleitenden Bildungsbedarfe, beispielsweise in den Bereichen Transformation, Digitalisierung und Nachhaltigkeit, tatsächlich auch die Verantwortung für deren Umsetzung durch ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen angenommen haben.

Wir Hochschulen müssen uns wiederum fragen, ob wir in der Praxis unseres Hochschulbetriebs die zunehmend notwendige Öffnung für qualitätsgesicherte, lebensbegleitende Lernprozesse und damit die zunehmend systemisch relevante Beschäftigung mit dem Thema „Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen“ in geeigneter Weise vorantreiben. Nehmen wir diese Herausforderung an? Bringen wir uns als konstruktive Gestalter in diesen notwendigen Entwicklungsprozess ein? Wo stehen wir als Hochschulen in diesem Prozess? Wo sehen wir noch Entwicklungsbedarfe? Unterstützen uns Anrechnungsdatenbanken in diesem Prozess?

Zur Klärung dieser und weiterer Fragen hat die „Forschungsgruppe Benning, Burchert, Dörr, Schmitt und Seger“ die Hochschulleitungen – in aller Regel die Vizepräsidenten und Vizepräsidentinnen für Studium und Lehre – und die Leitungen hochschulischer Weiterbildungseinrichtungen in Deutschland eingeladen, an der Online-Umfrage „Akzeptanz und Einsatz von Datenbanken zur Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen“ teilzunehmen. Die Durchführung erfolgte mit Unterstützung von Professor Oliver Günther, Ph.D. (bis Mai 2023 Vizepräsident für Governance, Lehre und Studium der Hochschulrektorenkonferenz) und Professor Dr.-Ing. Manfred Loch (bis Mitte 2022 Vizepräsident für Studium, Lehre und studentische Angelegenheiten der Hochschule Darmstadt).

Die Online-Umfrage wurde zwischen dem 4. April und dem 18. Mai 2022 durchgeführt. Adressiert waren 581 Personen an 390 Hochschulen. Der Rücklauf betrug 125 beantwortete Fragebögen. Das entspricht einer Rücklaufquote von 22 Prozent in Bezug auf die adressierten Personen. Das Feld der Teilnehmer und Teilnehmerinnen setzt sich wie folgt zusammen: 53 Prozent Hochschulleitungen; 17 Prozent Leitungen hochschulischer Weiterbildungseinrichtungen; 31 Prozent andere Leitungsfunktionen. 59 Prozent der Teilnehmer und Teilnehmerinnen kommen aus Fachhochschulen / Hochschulen für angewandte Wissenschaften; 32 Prozent aus Universitäten; 4 Prozent aus künstlerischen Hochschulen; 5 Prozent aus anderen Einrichtungen.

Orientiert an den sechs zentralen Prozessen der Prüfung eines Antrages auf Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen – Antragstellung (1), Antragsbearbeitung (2), Recherche innerhalb bisheriger Anrechnungsergebnisse (3), Bewertung des Anrechnungsantrags (4), Ausstellung des Bescheids (5) sowie Dokumentation der getroffenen Anrechnungs- und/oder Nicht-Anrechnungsentscheidungen (6) – spricht die Situation an den befragten Hochschulen mit Blick auf die Frage nach dem Entwicklungsstand und den Entwicklungsbedarfen eine recht klare Sprache.

Zum Entwicklungsstand:

  • Je nach Anrechnungsteilprozess berichten 25 Prozent bis 49 Prozent der Hochschulmanager und -managerinnen von hochschulweit einheitlichen Anrechnungsprozessen zum Zeitpunkt der Erhebung.
  • Bezüglich der hochschulweiten Datenbankunterstützung der Anrechnungsteilprozesse liegen die Werte zwischen 6 Prozent und 22 Prozent.


Dem Sachstand steht die Bewertung der Entwicklungsbedarfe recht konträr gegenüber:

  • Einheitliche Anrechnungsprozesse ein Muss? Zustimmung in Bezug auf die Dokumentation 83 Prozent, die Antragstellung 79 Prozent, die Erstellung des Bescheides 78 Prozent, die Antragsbearbeitung 62 Prozent, die Bewertung 57 Prozent und die Recherche 56 Prozent.
  • 79 Prozent der Hochschulmanager und -managerinnen halten den Einsatz von Datenbanken zum Management des Themas „Anrechnung“ für sinnvoll.
  • Anrechnungsprozesse mit einer Datenbank bearbeiten? Zustimmung in Bezug auf die Dokumentation 76 Prozent, die Erstellung des Bescheides 68 Prozent, die Antragstellung 66 Prozent, die Antragsbearbeitung 57 Prozent, die Recherche 53 Prozent und die Bewertung 48 Prozent.


Hinsichtlich der regionalen Ausrichtung und der wünschenswerten Supportstruktur

  • sprechen sich 69 Prozent der befragten Hochschulmanager und -managerinnen für die überregionale Ausrichtung einer Anrechnungsdatenbank aus,
  • wünschen sich 78 Prozent der Befragten eine Informationsplattform zum Thema „Anrechnung“ für Hochschulbeschäftigte und
  • erachten 89 Prozent des Hochschulmanagements den Aufbau von Beratungsstrukturen im Kontext der Anrechnung als notwendig.


Die vollständige Auswertung der Umfrage „Hochschulen in Deutschland 2022: Akzeptanz und Einsatz von Datenbanken zur Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen" ist von der „Forschungsgruppe Benning, Burchert, Dörr, Schmitt und Seger“ im Rahmen der folgenden Veröffentlichung publiziert:

Seger, Mario (2023): Hochschulen in Deutschland 2022: Akzeptanz und Einsatz von Datenbanken zur Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen. In Benning, Axel / Burchert, Heiko (Hg.): Anrechnungsdatenbanken. Akzeptanz, Nutzung und Weiterentwicklung. Bielefeld: wbv Publikation.


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